Mittwoch, 31. Mai 2023
Der 1945 in Linz geborene israelische Historiker Shlomo Sand hat 2009 bei List ein umfangreiches Werk mit dem oben genannten Titel herausgebracht, das in der Welt und in Israel für Furore gesorgt hat, jedoch nicht nur Begeisterung unter den Mitbürgern hervorrief. Sand war von 2002 bis zu seiner Emeritierung 2014 Professor an der Universität Tel Aviv, fiel also trotz dieses seines Hauptwerkes in Israel nicht unter die „Acht“ – also die hierzulande wieder so beliebte „Ächtung“!
Anders ergeht es zur Zeit dem Mitbegründer, Bassist und Liedsänger der legendären Rockband „Pink Floyd“, Roger Waters. Gegenwärtig sieht sich der 79jährige in Deutschland nach einem Konzert in Berlin polizeilichen Ermittlungen wegen Volksverhetzung ausgesetzt. Damals – als „The Wall“ kurz nach dem Mauerfall in Berlin ebenso kongenial aufgeführt und als Film und LP herausgebracht wurde – wie heute steht das Werk für eine tiefe Abscheu vor dem Faschismus und vor faschistoiden Autoritäten und jedermann hat das damals, wie bei den hunderten Konzerten, die „Pink Floyd“ in aller Welt gegeben hat, richtig verstanden. Was ist also los mit der Judikative in Deutschland, die offenbar weder das Werk von Shlomo Sand noch von „Pink Floyd“ zu ihrem Erkenntnisschatz zählen kann? Ist es ein geistloses und sektenhaftes Empfinden von politischer Korrektheit, dass sie nötigt, sich an einem verdienten Musiker und kritischen Geist abarbeiten zu müssen, oder fühlen sie sich angesprochen?
Was werden sie, die auch den „Anarchokapitalisten“ Oliver Janich auf den Philippinen, den freien Journalisten Julian Assange in Kleinbritannien und den „Querdenker“ Michael Ballweg in Deutschland unter Arrest genommen hatten, wohl mit Shlomo Sand machen, dessen o.g. Werk wie folgt apostrophiert wird: „Gibt es ein jüdisches Volk? Nein, sagt der israelische Historiker und stellt damit den Gründungsmythos des Staates Israel in Frage. Vertreibung durch die Römer? Exodus? Rückkehr nach 2000 Jahren ins Land der Väter? Alles Erfindungen europäischer Zionisten des 19. Jahrhunderts, schreibt Sand in seinem Bestseller ‚Die Erfindung des jüdischen Volkes‘“.
Da fragen wir hier unten uns verzweifelt, was wir denn für wahr und richtig halten müssen: Kein jüdisches Volk, aber 23 Semitische Völker? Sind „die Juden“ Nachfahren des Stammes Juda und wenn ja, was ist aus den anderen elf Stämmen des biblischen Volkes „Israel“ geworden? Sind die khasarischen „Judäer des Ostens“ lediglich Anhänger der einen großen Weltreligion, jedoch keine ethnischen Juden? Und wer oder was sind die, die nicht religiös oder sogar atheistisch sind, wie unser regierungskritischer Volksfreund und selbsternannter „Beutedeutscher“ Henryk M. Broder?
„Die semitischen Völker“, so meldet mir mein ChatBot, „sind eine ethnolinguistische Gruppe, die eine Reihe von Völkern umfasst, die ursprünglich in der Region des Nahen Ostens und Nordafrikas beheimatet waren. Der Begriff ‚semitisch‘ bezieht sich auf die semitische Sprachfamilie, zu der verschiedene Sprachen gehören, darunter Hebräisch, Aramäisch, Arabisch und Amharisch.
Die semitischen Völker haben eine lange Geschichte, die bis ins 3. Jahrtausend v.Chr. zurückreicht. Zu den bekanntesten semitischen Völkern gehören die antiken Babylonier, Assyrer, Phönizier und Israeliten. Diese Völker haben bedeutende Zivilisationen und Reiche in der Geschichte hervorgebracht und hatten einen großen Einfluss auf unsere westlichen Kulturen, Religionen und Sprachen…“
Hinzugefügt werden muss noch, dass sich die Semiten nach dem biblischen Geschichtenbuch von Sem, dem Sohn des Urvaters Noah (war der eigentlich Jude?) herleiten. Sem hatte noch die beiden Brüder Ham und Japhet…
Im Gegensatz zu Shlomo Sand sind wir hier unten allerdings der Meinung, dass jegliche Gesellschaft , wenn sie sich denn zusammenfindet, das Recht hat, eine Nation und einen Staat zu gründen. Ob das auch rechtfertigt, dass man einem anderen Volk das Staatsgebiet raubt, wie es die Israelis der Bibel mit den Kanaanitern und in der Neuzeit mit den Palästinensern gemacht haben, steht auf einem anderen Blatt. Doch die Geschichte ist voll von derlei Völkerwanderungen.
Noch etwas anderes ist der Exzeptionalismus, den viele Gruppen, Gemeinschaften und Nationen in sich tragen. Er bezieht sich auf das Selbstverständnis, dass man überlegen, privilegiert und außergewöhnlich sei und deshalb andere Gruppen, Gemeinschaften, Völker oder Nationen mit seiner Kulturidee glücklich machen muss. Die Überzeugung des „jüdischen Volkes“, dass es Gottes Lieblingsvolk sei und alle anderen Völker demgegenüber unterprivilegiert, ragt dabei gegenüber dem Exzeptionalismus beispielsweise der Franzosen unter Napoleon, der Deutschen und Hitler oder der US-Amerikaner, die anlässlich ihrer Staatenbildung gleich dutzende indigene Gruppen und Völker ausgerottet haben, besonders hervor.
Ich gestatte mir deshalb, dezidiert antijüdisch zu sein, weil ich Exzeptionalismus im allgemeinen wie im besonderen vollständig ablehne. Natürlich bin ich damit im „Kulturverständnis“ des dünngeistigen und deswegen totalitären Mainstreams auch antisemitisch und antizionistisch. Auch dazu würde ich stehen, wenn dies nur annähernd einen Sinn ergeben würde (siehe oben).
Die Freiheit des Wortes in einer freien Gesellschaft beinhaltet allerdings ebenfalls, dass das Wort nur solange frei ist, wie es niemandem Schaden zufügt. Unsere Vorfahren haben das meiste dazu im alten Strafgesetz ausreichend geregelt. Die queere WOKE-Gesellschaft hat hierzu bislang keinerlei neuen Erkenntnisse beigetragen.