Verwaltungschaos – oder: Wie verhindere ich eine Wahl ?

Veröffentlicht in: Glosse der Woche | 2

Sonnabend, 3. August 2019

Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie schon längst verboten!“ Manche schreiben dieses lustige Zitat Kurt Tucholsky, manche Johann Heinrich Pestalozzi zu. Auf jeden Fall ist diese Meinung falsch, denn wir können seit Jahrhunderten beobachten, dass die Herrschenden vor Wahlen großen Respekt haben und dass selbst Diktatoren so tun müssen, als sei ihre Herrschaft durch Wahlen legitimiert.

Wegen formaler Mängel hat der Landeswahlausschuss des Freistaates Sachsen am 09. Juli 2019 den Großteil der Landes-Kandidatenliste der AfD für ungültig erklärt. Der Rechtsweg der Anfechtung der Entscheidung eines dem Innenminister unterstehenden Exekutivorgans, welches für die Organisation, Durchführung und Feststellungen des Ergebnisses von Landtagswahlen zuständig ist, ist unklar. Jedenfalls wenn man vermeiden will, dass die Wahlen erst nach ihrer Durchführung angefochten werden und damit ebenfalls die teuren Wiederholungswahlen. Diesbezüglicher Rechtsschutz für Parteien oder Vereinigungen ist im Wahlgesetz nicht vorgesehen oder vergessen worden.

Dies ist ein erstaunlicher Vorgang: Denn wenn eine Behörde in dritter Ebene über die Gültigkeit eines urdemokratischen Aktes nach Artikel 9 und 21 des Grundgesetzes falsch entscheidet, muss die Volksvertretung in spe deshalb zum Verfassungsgericht gehen, weil das Verwaltungsgericht nicht zuständig ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Denn wenn man nicht möchte, dass rechtsgültig gewählt wird, lasse man sich ein unverdächtiges Mittel einfallen, dies zu verhindern: Man erzeuge Chaos in der Verwaltung. Zunächst lasse man den Wahlausschuss feststellen, dass die Kandidatenliste der sich zur Wahl stellenden Vereinigung fehlerhaft und daher ungültig ist und dass die Fristen zur Heilung abgelaufen sind. Man weiß ja, dass der Rechtsweg zur Überprüfung dieser Entscheidung verschlossen ist. Nachdem das Verfassungsgericht eine vorläufige Entscheidung getroffen hat, setze man in einem bestimmten Gebiet den Wahlvorgang mittels Briefwahl in Gang, bevor die Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache erfolgt ist. Dies sollte man dort tun, wo man Wähler platziert hat, die mit entsprechender Hilfe nach der Wahl auf jeden Fall Einspruch gegen diese einlegen werden, egal wie die Hauptsacheentscheidung des obersten Gerichtes lautet. Denn die vorzeitig ausgegebenen Wahlscheine waren in jedem Fall ungültig. Danach beschäftige man die Gerichte bis zu der letzten Instanz. Das sollte wenigstens vier weitere Jahre dauern.

In dieser Zeit kann man noch einen anderen Vorgang, der eine fast unbegrenzte kommissarische Machtausübung sichert, in Gang bringen: Man fechte das Wahlgesetz als Ganzes an! Denn wie jeder einigermaßen Kundige weiß, ist das Bundeswahlgesetz ebenfalls rechtswidrig, wie das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 25. Juli 2012 –  2  BvE 9/11 – bestätigte. Dabei wurden nicht nur die Änderungen vom 24.9.1998 und vom 20.12.2011 moniert, sondern bei genauerer Betrachtung geht es darum, dass das bundesdeutsche Wahlgesetz seit seiner Inkrafttretung am 7. Mai 1956 grundsätzlich ungültig und damit nichtig ist.

Das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 30. Juni 2011 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen. Dieser hat dies bis jetzt jedoch unterlassen. Demnach sind alle nach 1953 gewählten Bundestage und Bundesregierungen nicht legitimiert gewesen. Alle getroffenen Beschlüsse, Verträge, Gesetze, Gesetzesänderungen und Verordnungen der BRD-Regierungen wie auch der nachfolgenden Bundesorgane sind also ebenso ungültig und nichtig. Die Gesetzgebungsorgane der BRD war niemals legitimiert, Gesetze und Verordnungen rechtsgültig oder auch nur rechtswirksam zu beschließen, zu ändern oder in Kraft zu setzen. Für den Rechtsweg bei der Aufstellung von Kandidatenlisten gibt es somit vorläufig ebenso keine gültigen Regelungen.

Doch wie jedermann weiß, gibt es die Kraft des Faktischen – oder: Wo kein Kläger ist, da ist kein Richter. Wenn also eine Regierung z.B. den Artikel 16a des Grundgesetzes nicht anwendet oder andere Gesetze bricht, müsste sich zunächst mal ein Kläger finden, der geeignet ist, diese Bundesregierung zu verklagen. Und – oh Wunder, für solch einen Fall gibt es keine Institution, die dazu befugt wäre. Dafür haben die hohen Verwaltungsjuristen, die die diesbezüglichen Gesetze „vor“-schreiben, instinktsicher gesorgt.

Wie also nun zum Beispiel die so genannten Wahlen in Sachsen, Bandenburg und Thüringen ausgehen werden, können wir hier unten und Sie, liebe Leserschaft, nur amüsiert oder aufmerksam beobachten. Regiert und verarscht werden wir ungeachtet all dessen auch weiterhin.

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2 Antworten

  1. Detlef Degner

    Ja, der Christian hat den Finger drauf und ich hoffe das am 1.9.2019 das Wahlergebnis entsprechend ausfällt.

  2. Christiane Pollitz

    Sehr sehr aufschlussreicher Bericht und wirklich bis zur letzten „Skrupellosigkeit“ aufgedeckt und beleuchtet.
    Uns bleibt nur zu hoffen, dass auch der letzte Depp irgendwann aufwacht! Bis dahin bleiben wir patriotisch, stolz und mutig! Wir geben die Hoffnung nicht auf, denn wir werden mehr!!
    Liebe Grüsse aus Kirchlengern