{"id":2176,"date":"2019-10-27T09:21:48","date_gmt":"2019-10-27T08:21:48","guid":{"rendered":"http:\/\/cfschultze.de\/?p=2176"},"modified":"2019-10-27T09:40:33","modified_gmt":"2019-10-27T08:40:33","slug":"gedankenfreiheit","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/cfschultze.de\/2019\/gedankenfreiheit\/","title":{"rendered":"Gedankenfreiheit"},"content":{"rendered":"

Sonntag, 27. Oktober 2019<\/b><\/span><\/span><\/span><\/p>\n

Bereits 1787 beging unser von fast allen Deutschen hei\u00dfgeliebter Denker, Dichter und Dramatiker Friedrich von Schiller diesen typischen Denkfehler, indem er den <\/span><\/span><\/span>Marquis von Posa gegen K\u00f6nig Philipp II. von Spanien in seinem \u201eDon Karlos\u201c rufen l\u00e4sst: \u201eSire, geben Sie Gedankenfreiheit!\u201c<\/span><\/span><\/span><\/p>\n

Die Fraktion der F.D.P. im 18. Deutschen Bundestag hatte f\u00fcr den 25. Oktober dieses Jahres eine aktuelle Stunde zum Thema \u201eMeinungsfreiheit in Deutschland\u201c gefordert. Ausl\u00f6ser daf\u00fcr war anscheinend ein Artikel der Zeitung mit den vier Gro\u00dfbuchstaben vom 17. Oktober unter der \u00dcberschrift \u201eDeutsche trauen sich nicht, offen ihre Meinung zu sagen!\u201c Der Autor Ralf Schuler zitiert darin eine Allensbach-Umfrage, nach der 78 % der Befragten dieser Meinung gewesen seien. Abgesehen davon, was diese Aussage f\u00fcr ein Licht auf die Interviewten selbst wirft, ist es doch verwunderlich, dass sich k\u00fcrzlich Vertreter der freiheitlichen Demokraten gen\u00f6tigt sahen, \u00fcber diese Frage eine Sonderdebatte im weltgr\u00f6\u00dften Bundestag der BRD f\u00fchren zu wollen. Wir hier unten empfehlen den wertgesch\u00e4tzten Lesern auf das W\u00e4rmste, sich diese Debatte einmal anzusehen und eigene Schl\u00fcsse zu unserer gegenw\u00e4rtigen politisch-geistigen Lage und der Verfassung unseres h\u00f6chsten \u201eHohen Hauses\u201c der Repr\u00e4sentanten unseres Volkes zu ziehen.<\/span><\/span><\/span><\/p>\n

Besonders blind gegen\u00fcber der hiesigen Wirklichkeit im Jahre des Herrn 2019 gab sich die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken von der w\u00fcrttembergischen SPD, Mitglied von BUND und Greenpeace sowie ver.di und campact, welche in Minute 3:41 ihres Redebeitrages<\/a><\/strong><\/span> behauptet, dass der Staat die Meinungsfreiheit zu gew\u00e4hren habe. Womit wir zur\u00fcck beim Denkfehler unseres Klassikers sind, denn die Gedanken <\/span><\/span><\/span>sind<\/b><\/span><\/span><\/span> frei, immer und \u00fcberall! Niemand kann oder hat Gedankenfreiheit zu gew\u00e4hren, egal ob diese Gedanken unergr\u00fcndlich, richtig oder falsch, krude oder geradlinig, moralisch oder unmoralisch sind! Und niemand kann sie erraten! (Dt. Volkslied von 1790).<\/span><\/span><\/span><\/p>\n

Die Freiheit der Meinungs<\/span><\/span><\/span>\u00e4u\u00dferung<\/b><\/span><\/span><\/span> ist ein ganz anderes, jedoch h\u00f6chst wichtiges Thema. \u201eWie weit\u201c wir damit gekommen sind, zeigen nicht nur die j\u00fcngsten Skandale um Professor Bernd Lucke, Thomas De Maizi\u00e9re oder der l\u00e4ngst vergessene Fall des Leipziger Professors Thomas Rauscher vom November 2017. Selbst wenn also die \u00c4u\u00dferung der Frau Esken nur ein sprachliches Versehen sein und sie gemeint haben sollte, dass der <\/span><\/span><\/span>Staat<\/b><\/span><\/span><\/span> die Meinungsfreiheit zu <\/span><\/span><\/span>gew\u00e4hrleisten<\/b><\/span><\/span><\/span> habe, wirft diese Denkungsart h\u00f6chst grunds\u00e4tzliche Fragen auf. Zun\u00e4chst ist festzustellen, dass \u201ewir alle\u201c der Staat sind und somit daf\u00fcr zu sorgen h\u00e4tten, dass Redefreiheit, welche Meinungs\u00e4u\u00dferungsfreiheit volkst\u00fcmlich meint, f\u00fcr jedermann zu gew\u00e4hrleisten ist. Mit \u201eStaat\u201c meinen aber die Vertreter des Staatsapparates, also des \u201estaatlichen \u00dcberbaus\u201c, jedoch zumeist sich selbst. Denn sie definieren in den von ihnen erlassenen Gesetzen, wo Freiheit beginnt und wo sie endet und \u00fcben so ihre Macht aus. Bei Schiller war K\u00f6nig Philipp II. von Spanien<\/span><\/span><\/span> der Staat, in der BRD des Jahres 2019 ist es die rot-schwarze Koalition.<\/span><\/span><\/span><\/p>\n

Immerhin bekannten sich unser aktueller Bundespr\u00e4sident und einige Vertreter des Staatsapparates (der Legislative, Exekutive und Judikative, also aller drei \u201eGewalten\u201c) zur weiteren G\u00fcltigkeit des <\/span><\/span><\/span>Artikels<\/span><\/span><\/span> 5 (1) des Grundgesetzes f\u00fcr die Bundesrepublik Deutschland:<\/span><\/span><\/span> \u201eJeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu \u00e4u\u00dfern und zu verbreiten und sich aus allgemein zug\u00e4nglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gew\u00e4hrleistet. Eine Zensur findet nicht statt.\u201c<\/i><\/span><\/span><\/span><\/p>\n

Allerdings meinen wir hier unten, dass es dem Staat(sapparat) in den 70 Jahren des Bestehens dieses Grundgesetzes hervorragend gelungen ist, die Einschr\u00e4nkungen dieses Naturrechtes der B\u00fcrger auf der Grundlage der weiteren Abs\u00e4tze – <\/span><\/span><\/span>\u201e(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der pers\u00f6nlichen Ehre\u201c; <\/i><\/span><\/span><\/span>und<\/span><\/span><\/span> \u201e<\/i><\/span><\/span><\/span>(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.\u201c<\/i><\/span><\/span><\/span> (richtiger m\u00fcsste es \u201eGrundgesetz\u201c hei\u00dfen!) – immer mehr voranzutreiben. Dabei geht es nicht allein um die \u00a7\u00a7 185 bis 187 des deutschen Strafgesetzbuches oder um das Jugendschutzgesetz mit seinen weitreichenden Freiheitseingriffen, sondern vor allem um die \u201eNeuerung\u201c des<\/span><\/span><\/span> Netzdurchsetzungsgesetzes, welches die Betreiber sozialer Medien verpflichtet, \u201ewirksam und transparent mit Beschwerden \u00fcber strafbare Inhalte im Netz umzugehen\u201c… \u201eOffensichtlich rechtswidrige Beitr\u00e4ge\u201c m\u00fcssen demnach innerhalb von 24 Stunden entfernt oder gesperrt werden. In allen anderen F\u00e4llen gilt eine Frist von sieben Tagen. Wird ein diesbez\u00fcgliches Beschwerdeverfahren nicht, nicht richtig oder nicht vollst\u00e4ndig vorgehalten, pr\u00fcft das Bundesamt f\u00fcr Justiz, ob ein Bu\u00dfgeldverfahren einzuleiten ist. Verst\u00f6\u00dft eine Plattform gegen diese Regel, drohen millionenschwere Bu\u00dfgelder. <\/span><\/span><\/span>Auf diese Weise ist die Rechtsfindung und -exekution in unzul\u00e4ssiger Weise auf Dritte au\u00dferhalb der Judikative verlegt worden. Was \u201eoffensichtlich rechtswidrig\u201c ist, muss nun der Betroffene des Rechtsgeltungsbereiches selbst definieren. Damit wurden Rechtsverwirrung und Selbstjustiz T\u00fcr und Tor ge\u00f6ffnet. Und nat\u00fcrlich entscheidet auch in den Streitf\u00e4llen, in die der Staatsapparat selbst verwickelt ist, dieser mittels \u201eseines\u201c Rechtsmonopols.<\/span><\/span><\/span><\/p>\n

F\u00fcr diejenigen, die noch an die Gewaltenteilung in der BRD glauben, sei das Jahrhundertbuch von Friedrich August Hayek \u201eDer Weg in die Knechtschaft\u201c aus dem Jahre 1941 empfohlen. Und f\u00fcr uns Staatsb\u00fcrger und unsere Staatslenker sei an das wahre Wort von Karl Kraus (1874 bis 1936) erinnert: <\/span><\/span><\/span>\u201eDie Gedankenfreiheit haben wir. Jetzt brauchen wir nur noch die Gedanken.\u201c<\/span><\/span><\/span><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Sonntag, 27. Oktober 2019 Bereits 1787 beging unser von fast allen Deutschen hei\u00dfgeliebter Denker, Dichter und Dramatiker Friedrich von Schiller diesen typischen Denkfehler, indem er den Marquis von Posa gegen K\u00f6nig Philipp II. von Spanien in seinem \u201eDon Karlos\u201c rufen … Weiter<\/a><\/p>\n","protected":false},"author":22,"featured_media":0,"comment_status":"open","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[47],"tags":[],"class_list":["post-2176","post","type-post","status-publish","format-standard","hentry","category-meine-kolumne"],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/cfschultze.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2176","targetHints":{"allow":["GET"]}}],"collection":[{"href":"https:\/\/cfschultze.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/cfschultze.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/cfschultze.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/22"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/cfschultze.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=2176"}],"version-history":[{"count":2,"href":"https:\/\/cfschultze.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2176\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":2178,"href":"https:\/\/cfschultze.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2176\/revisions\/2178"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/cfschultze.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=2176"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/cfschultze.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=2176"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/cfschultze.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=2176"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}} Christian Friedrich Schultze

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